Freitag, 16. April 2010

Ein erster Eindruck

Vorurteile und Stereotypen gibt es viele: Die Deutschen sind Nazis, die Polen Diebe und die Amerikaner wollen die Welt beherrschen. Der Balkan ist ein Pulverfass und die Muslime größtenteils Terroristen. Auch das ist nicht selten zu hören. Die Ursache solcher Darstellungen und der Antrieb für ihre Vebreitung sind vielfältig. Mit Unkenntnis bzw. fehlendem Wissen haben sie in jedem Fall zu tun. Daher ist es umso wichtiger hinter die Fassade solcher Begrifflichkeiten zu schauen und sich mit dem Wahrheitsgehalt solcher Behauptungen auseinanderzusetzen.

Auch meine Kenntnisse über den Islam waren (und sind es noch heute) begrenzt. Zwar ist mein Vater Muslim, die Religion selbst habe ich aber erst während meines Studiums der Orientalistik und Islamwissenschaft näher kennengelernt. Ihre Vielfältigkeit führt dazu, dass man nie auslernt. Noch heute lerne ich viel Neues dazu.
Dass sich Muslime nicht pauschal als Terroristen bezeichnen lassen und der Islam kein "Glaube der unterdrückten Frau" ist dürfte jedem rational denkendem Wesen bewusst sein. Angesichts der "Islamophobie" frag ich mich allerdings immer wieder, ob dem wirklich so ist.

Ähnlich unwahrheitsgemäße Vorstellungen gibt es üb
er den Balkan. Als eine Region, die sich aus den verschiedensten Religionen, Traditionen und Kulturen auseinandersetzt, wird er gerne als "Pulverfass" deklariert. Dieses Bildnis wird nicht ungern zur Erklärung der kriegerischen Auseinandersetzungen auf diesem Gebiet gebraucht. Das dies jedoch viel zu kurz greift ist offensichtlich.

Unser Seminar verbindet beide Themen, den Islam und den Balkan miteinander und lässt uns einiges dazulernen. Danach werden wir sicherlich in der Lage sein die verfälschte Darstellung solcher Vorurteile und Ressentiment aufzudecken und zu widerlegen!
Ich freu mich jedenfalls auf die kommenden Woche und denke, dass wir in unserem buntgemischten Seminar, mit Leuten unterschiedlichster Herkunft, den verschiedensten Studienfächern und Beweggründen an diesem Seminar teilzunehmen eine Menge Spaß haben werden!

6 Kommentare:

  1. ein engagierter Beginn! alle Ehre!

    was hälst du von dem gedanken, dass für die entstehung von "fehl-bildern" immer zwei seiten beteiligt sind? die seite, die "falsch" sieht und die seite, die "falsch" gesehen wird! würde dich das auf gedanken bringen können!

    aus dem Seminartitel "Islam und Balkan" ein "Terroristen auf dem Pulverfass" zu machen, ist ein ausgezeichneter Kalauer!

    In jedem Fall empfehle ich dir eine Lektüre von Maria Todorova, vor allem ihr "Imagining the Balkans".

    ich bin gespannt auf deine nächsten texte!

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  2. ach und eine frage noch: wie passt der Schrei hier ins bild?

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  3. der "schrei" ist in diesem fall eine anspielung auf die "islamophobie". hab kein schönes pulverfass gefunden, sonst hätt ich das auch noch mit reingenommen, um die verbindung beider themen zum titel herzustellen.
    so konnt ich leider nur was zum stichwort islam(-ophobie, Terroristen)darstellen...

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  4. AHA! Verstehe! Der Schrei ist natürlich eine gute Wahl, wenn es um ANGST geht, die Triebkraft aller Phobien!

    Gutes Thema, vielleicht reden wir ja auch mal über ANGST!

    interessant!

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  5. Hmm, paar überlegungen zum "pulverfass":
    seitdem ich den begriff in diesem zusammenhang kenne, frage ich mich immer wieder (einschließlich am freitag bei der gruppendiskussion), ob er nicht ein bisschen falsch verwendet wird. einerseits stimmt es, dass sich die jahrhunderte hindurch vieeeles - nicht besonders friedliches - auf dem Balkan abgespielt hat. andererseits gehen mein persönlicher eindruck und meine persönliche erfahrung auf dem balkan mit diesem begriff aneinander vorbei. Denn ich persönlich habe keinen krieg erlebt, keine großartigen ethnischen konflikte gesehen usw.

    etwas ähnliches hab ich auch in der gruppendiskussion am freitag gesagt: als wir die frage diskutiert haben "was verbindest du persönlich mit dem balkan", haben die anderen drei irgendwie nur den krieg und ähnliche konflikte erwähnt. ich muss zugeben, ich hab von diesem krieg etwas mehr erst in den seminaren an der uni gehört.

    dass "pulverfass" als begriff übertrieben ist, ist schon klar. aber irgendwie stört mich noch was daran..

    meine ganz subjektive überlegungen..

    P.S. guter text!

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  6. Ich denke wir haben es hier mit einer sehr interessanten Perspektivkonstellation zu tun. Die gängige, auch im wissenschaftlichen Diskurs präsente Sichtweise des Balkans ist in der Regel genau das, was dir persönlich gar nicht so bekannt oder aufgefallen ist. Wirklich spannend, das müsste man eigentlich glatt als Diskussion in das Seminar einbauen! :-)

    Hier einige meiner Ergebnisse aus dem vergangenen Semester zum Thema "Der Bosnienkrieg". Die ersten beiden Abschnitte nach dem Zitat sind prominente Perspektiven, der dritte Abschnitt mein Fazit zum Kriegsausbruch 1991.

    „Ehe die Bosnier, Serben und Kroaten nicht beschließen, sich nicht mehr umzubringen, kann die Außenwelt nichts dagegen unternehmen.“ [Lawrence S. Eagleburger]

    Die Wahrnehmung der Geschehnisse auf dem Balkan durch die westliche Welt, die sich im Zuge des Zerfalls Jugoslawiens zeigte, basierte weitgehend auf Unkenntnis der dortigen Situation oder Rückgriff auf alte Klischees. Berichte in den Medien, aber auch die Äußerungen vieler europäischer und amerikanischer Politiker im Zuge der Krise zeigen, dass die Wahrnehmung des Balkans als Pulverfass weit verbreitet war. Rätselhafte Streitereien würden dort am Rande Europas ausgetragen, jahrhundertealte, stets wiederkehrende Konflikte eskalierten erneut. Bestärkt würden diese Auseinandersetzungen durch alte, mörderische Hassgefühle, sowie Rache- und Revanchegelüste, die sich erneut Bahn brächen.

    Neben diese innere Perspektive des Konflikts stellten Historiker und einige ausländische Beobachter eine andere Sichtweise. Ihnen zu Folge eskalierten nun Hinterlassenschaften des Imperialismus; die Schuld läge nicht bei den Balkanvölkern selbst, sondern bei den von außen in der Geschichte immer wieder in die Region getragenen Probleme durch Besetzung, Ausbeutung und Teilung. Einwohner und Nationen auf dem Balkan wären demnach weitgehend Spielbälle ihrer kolonialen Herrscher gewesen und hätten sich immer wieder in veränderten Front- und Konfliktsituationen gegenüber gestanden. Imperiale Einwirkungen, nicht interne ethnische Konflikte führten also ihrer Auffassung nach zur Katastrophe in Jugoslawien. [...]

    Das Scheitern Jugoslawiens erfolgte nicht aufgrund ethnisch-nationaler Konflikte und Spannungen. Diese waren vielmehr die Folge einer schweren wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Krise, die zur Erstarkung radikal-nationaler Kräfte führte. Diese wiederum instrumentalisierten historische Konflikte und deren ideologische Hintergründe zur eigenen Machtentfaltung und -sicherung. Die jugoslawische Identität war nicht stark genug ausgeprägt, um die Spannungen der postkommunistischen Phase in Jugoslawien auszugleichen.

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