Sonntag, 6. Juni 2010

Sichtbar und doch nicht wahrgenommen

Wie gerufen zu unserem letzten Diskussionsthema "Wo ist Gott in der Stadt" haben die Zeugen Jehovas gestern Mittag in der Gelsenkirchener Innenstadt einen Informations/Missions-Stand aufgebaut, der umringt war von Bibelversen und Lobsprüchen auf den Herrn und seinen Sohn.
Ich musste lachen, weil diese Gruppe eine der ersten Dinge war, die Miriam und ich zum Thema "Gott in der Stadt" aufgezählt haben - Gelebter Glaube, ständig präsent auf den städtischen Straßen!
Interessant fand ich, dass zwei Muslima sich den Stand genauer angeschaut haben und sich mit einem der Verantwortlichen unterhalten haben...
Jedenfalls hat mich diese ganze Aktion noch einmal dazu angeregt über die Diskussionsfrage nachzudenken!

In dem Gespräch mit Miriam ist mir aufgefallen, wie unbewusst und unemotional ich mich mit der Religion in der Stadt auseinandersetze, wenns um den christlichen Glauben geht.
Beim Anblick einer Kirche, denke ich kaum mehr als "Oh, eine Kirche" (wenn ich sie denn überhaupt bewusst wahrnehme). Sie löst in mir meistens nicht mehr aus, als die vielen anderen Gebäude, die es in einer Stadt so gibt und genauso gehören Kirchen zum Stadtbild einfach dazu.
Ich würde gerne mal wissen, ob es mir überhaupt auffallen würde, wenn eine Stadt mal keine Kirche hat. Ich denke, ich bin in meiner Wahrnehmung so getrübt was das angeht, dass ich es nicht einmal bemerken würde.
Gibt es in Deutschland überhaupt kirchenfreie Städte?

Andere Glaubenshäuser erregen da schon eher meine Aufmerksamkeit. Es gehört einfach nicht zur Regel eine Moschee, eine Synagoge, einen Sikh oder Buddhistischen Tempel in der Stadt zu sehen. Umso aufälliger wirken sie, wenn man dann vor ihnen steht.
In Gelsenkirchen gibt es, trotz seiner bescheidenen Größe, Kirchen, eine Moschee und auch eine Synagoge, doch gehören sie allgemeinhin zu den Exoten, was ich schade finde.

Während des Gesprächs fiel es mir schwer, mehr zum Thema "Gott in der Stadt" aufzuzählen als Glaubenshäuser, Kreuze, Kopftücher, Bärte und die Zeugen Jehovas.
Und ich muss sagen, dass in dieser Aufzählung die sichtbaren Charakteristika andere Religionen als dem Christentum zahlenmäßig überlegen waren und mir auch schneller eingefallen sind.
Dabei ist die Kirche auch heute noch ein bedeutender Interessenverband in der deutschen Politik und Träger vieler Kindergärten, Krankenhäuser und sonstiger Institutionen. Dieser Gedanke ist mir im Gespräch nicht gekommen. Ich spreche die Namen dieser Einrichtungen aus, die meistens einen Bezug zum christlichen Glauben haben, aber verbinde sie bewusst nicht mit der Religion.

Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass der christliche Glaube in meinen Leben generell kaum noch eine Rolle spielt und er daher von mir eher unbewusst wahrgenommen wird oder ob es in der deutschen Gesellschaft im Allgemeinen einen schwachen christlich-religiösen Ausdruck gibt.
Dies wären aus meiner Sicht jedenfalls Gründe, warum mir das "Andere" viel stärker auffällt und auch in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit erregegen kann.

Freitag, 14. Mai 2010

Ahl al-Dhimma

Da wir uns mit den Osmanen auf dem Balkan beschäftigen, werden wir nicht drum herum kommen uns mit dem Verhältnis zwischen Christen und Muslimen auf diesem Gebiet auseinanderzusetzen.

Ich halte es für wichtig dazu die Idee der Ahl al-Dhimma (Schutzbefohlene) zu kennen.

Kurz gesagt, unterscheidet der Islam zwischen Gläubigen, Ungläubigen und den Ahl al-Kitab (Schriftbesitzer).
Zu den Schriftbesitzern, werden in ersten Linie Christen und Juden gezählt, also Religionsgemeinschaften, die monotheistisch ausgerichtet sind. Später wurden zu den Ahl al-Kitab auch die Sabäer, Zoroasthrier und je nach Region noch andere Religionsgemeinschaften gezählt.

Gegen Abgabe der Jizja (Kopfsteuer) und einer Haraj (Bodensteuer) erhalten die Ahl al-Kitab den Status eines Dhimmis. Sie gelten damit als Schutzbefohlene der islamischen Gemeinde und dürfen, im Gegensatz zu den Ungläubigen, nicht bekämpft werden.
Zusätzlich erhalten sie eine rechtliche und soziale Sonderstellung, die ihnen den Schutz ihrer Person und ihres Eigentum garantiert, es ihnen erlaubt ihre Religion weiter auszuüben und sich selbst zu verwalten (finanziell, juristisch, etc.).

Der Ursprung dieses Konzepts lässt sich auf die ersten islamischen Feldzügen zurückführen, in denen bereits Verträge mit jüdischen und christlichen Gemeinschaften geschlossen wurden, die ihnen den Status der Ahl al-Dhimma zugestanden.
Doch nicht immer verhielten sich die muslimischen Herrschen entsprechend der Idee der Dhimma. So kam es beispielsweise zu extremen Anhebungen der Jizja oder Repressalien gegenüber den Religionsgemeinschaften (z.B bestimmte Kleidungsvorschriften oder das Verbot Kultstätten zu errichten bzw. instand zu halten).

Ob und wenn ja wie dieses Konzept im Osmanischen Reich umgesetzt wurde, weiß ich leider noch nicht...
Aber ich hoffe, dass wir in den nächsten Sitzungen etwas darüber erfahren werden!

Montag, 3. Mai 2010

"Mit offenen Karten"

Hier ein Beitrag zum Osmanischen Reich der Sendung "Mit offenen Karten" (Samstags 19.15 auf Arte). Guck mir die Sendung hin und wieder ganz gerne an, weil sie komplexe Sachlagen auf das Wesentliche reduziert und auf einfache Art veranschaulicht. Natürlich kommen dabei einige Aspekte zu kurz, aber für einen groben Überblick reicht es erstmal...


Freitag, 23. April 2010

WirrWarr

Die heutige Sitzung hat mir wieder einmal deutlich vor Augen geführt, wie gering meine Kentnisse über die älteren geschichtlichen Ereignisse eigentlich sind!
Im Geschichtsunterricht ging es vor allem um die Geschichte Deutschlands...so ab Bismarck. Die Geschichte des Römischen Reichs war eher Bestandteil des Lateinunterrichts - geistig anwesend war ich da meist nicht...
Mit dem Studium hab ich dann feststellen müssen, dass ich doch weniger hätte schlafen und ein bisschen mehr hätte zuhören sollen. Aber für mich war das Ganze immer ein "dunkler Sumpf", wie heute einmal so schön gesagt wurde. Ein „dunkler Sumpf“ aus etlichen historisch bedeutsamen Ereignissen, Herrschern und Reichen. Eine gewisse Vorstellung von den Zusammenhängen habe ich zwar schon, aber Verständnis kann man das nicht nennen...
Dabei ist es doch so wichtig die Grundzüge der geschichtlichen Epochen wieder geben zu können! Oder etwa nicht?

Das Fazit des ersten Zitats, das Stefan heute vorgelsenen hat, war so etwas wie "die ältere Geschichtsschreibung ist für die Gegenwart nicht relevant" (- mein zumindest, dass es in diese Richtung ging). Ich glaube allerdings schon, dass es nicht ganz unbedeutsam ist zu wissen, wie sich der Zustand des Hier und Jetzt entwickelt hat. Dafür ist es wichtig einen Blick zurückzuwerfen. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten die Anfänge der Menschheit zur Erklärung bestimmter Phänomene heranzuziehen, aber ein kleiner Rückblick kann nie schaden!

  • Warum ist beispielsweise die CDU in den neuen Bundesländern unbeliebter als in Bayern, dafür aber in Bayern das Nacktbaden unbeliebter als in den neuen Bundesländern? Die Antwort auf solche Fragen kann meist mit einen Blick auf die kulturelle und politische Entwicklung der letzten Jahrzehnte gefunden werden.
  • Warum haben die Osmanen Kostantinopel zu Haupststadt erklärt? Die Frage ist heute immer wieder gefallen. Wichtig war in diesem Zusammenhang der Hinweis, man könne die Geschichte des Osmanischen Reichs kaum begreifen, ohnen die Geschichte Byzanz zu kennen!
  • Ebenso kann man sich selbst fragen: Warum verhalte ich mich so wie ich mich verhalte oder warum bin ich was ich bin?

Auch wenns jetzt ein bisschen abzuschweifen droht; worauf ich hinaus wollte ist im wesentlichen deutlich zu machen, das historische Rückblicke in vielerlei Hinsicht Erklärungs- und Verständnishilfen bieten können.

Ich werd mich jetzt mal um mein lückenhaftes Wissen kümmern und das Internet nach interessanten Informationen durchforsten, getreu nach dem Motto jetzt oder nie! Wenns was gibt werd ich es hier hochladen...

Ein schönes, sonniges Wochenende!!!

Freitag, 16. April 2010

Ein erster Eindruck

Vorurteile und Stereotypen gibt es viele: Die Deutschen sind Nazis, die Polen Diebe und die Amerikaner wollen die Welt beherrschen. Der Balkan ist ein Pulverfass und die Muslime größtenteils Terroristen. Auch das ist nicht selten zu hören. Die Ursache solcher Darstellungen und der Antrieb für ihre Vebreitung sind vielfältig. Mit Unkenntnis bzw. fehlendem Wissen haben sie in jedem Fall zu tun. Daher ist es umso wichtiger hinter die Fassade solcher Begrifflichkeiten zu schauen und sich mit dem Wahrheitsgehalt solcher Behauptungen auseinanderzusetzen.

Auch meine Kenntnisse über den Islam waren (und sind es noch heute) begrenzt. Zwar ist mein Vater Muslim, die Religion selbst habe ich aber erst während meines Studiums der Orientalistik und Islamwissenschaft näher kennengelernt. Ihre Vielfältigkeit führt dazu, dass man nie auslernt. Noch heute lerne ich viel Neues dazu.
Dass sich Muslime nicht pauschal als Terroristen bezeichnen lassen und der Islam kein "Glaube der unterdrückten Frau" ist dürfte jedem rational denkendem Wesen bewusst sein. Angesichts der "Islamophobie" frag ich mich allerdings immer wieder, ob dem wirklich so ist.

Ähnlich unwahrheitsgemäße Vorstellungen gibt es üb
er den Balkan. Als eine Region, die sich aus den verschiedensten Religionen, Traditionen und Kulturen auseinandersetzt, wird er gerne als "Pulverfass" deklariert. Dieses Bildnis wird nicht ungern zur Erklärung der kriegerischen Auseinandersetzungen auf diesem Gebiet gebraucht. Das dies jedoch viel zu kurz greift ist offensichtlich.

Unser Seminar verbindet beide Themen, den Islam und den Balkan miteinander und lässt uns einiges dazulernen. Danach werden wir sicherlich in der Lage sein die verfälschte Darstellung solcher Vorurteile und Ressentiment aufzudecken und zu widerlegen!
Ich freu mich jedenfalls auf die kommenden Woche und denke, dass wir in unserem buntgemischten Seminar, mit Leuten unterschiedlichster Herkunft, den verschiedensten Studienfächern und Beweggründen an diesem Seminar teilzunehmen eine Menge Spaß haben werden!